Aufhebungsvertrag im Arbeitsverhältnis: Was ist das und worauf muss man achten? Welche Gebote für ein faires Verhandeln können aufgestellte werden?

Normalerweise endet ein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung – entweder vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber. Hierbei gibt es Kündigungsfristen und oft einen Kündigungsschutz, besonders für langjährige oder schutzbedürftige Mitarbeiter.

Doch es gibt eine Alternative: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich einvernehmlich darauf einigen, das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beenden. Das nennt man Aufhebungsvertrag oder auch Auflösungsvertrag.

I. Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag ist eine freiwillige, schriftliche Vereinbarung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber. Beide Seiten einigen sich darauf, das Arbeitsverhältnis zu einem festgelegten Termin zu beenden. Dabei können sie wichtige Details regeln, die bei einer Kündigung oft strittig sind.

II. Was sollte ein Aufhebungsvertrag regeln?

Ein guter Aufhebungsvertrag sollte folgende Punkte klar definieren:

  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses: Wann genau endet Ihre Anstellung?
  • Die Turboklausel, oft auch als Sprinterklausel gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis vor dem ursprünglich vereinbarten Beendigungsdatum zu beenden.
  • Abfindung: Wird eine Zahlung als Ausgleich vereinbart? Wenn ja, wie hoch ist sie, wann wird sie ausgezahlt und in der Regel handelt es sich um einen Bruttobetrag, der versteuert werden muss. Durch die sog. Füntelungsregelung können Steuervorteile ausgeschöpft werden.
  • Resturlaub: Was geschieht mit Ihren offenen Urlaubstagen? Werden sie abgegolten oder müssen Sie sie noch nehmen?
  • Arbeitszeugnis: Achten Sie auf eine gute Leistungs- und Verhaltensbewertung sowie die Dankes-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel.
  • Freistellung: Müssen Sie bis zum Ende der Frist noch arbeiten oder werden Sie, eventuell unter Anrechnung von Resturlaub, freigestellt?
  • Rückgabe von Firmeneigentum: Welche Gegenstände (Laptop, Handy, Schlüssel, Firmenwagen) müssen Sie wann zurückgeben?
  • Verschwiegenheit: Gibt es Regelungen zum Stillschweigen über Betriebsgeheimnisse? Vorsicht bei sogenannten „Catch-All-Klauseln“! Das Bundesarbeitsgericht hat solche pauschalen Regelungen (z. B. im Urteil vom 17.10.2024, Az. 8 AZR 172/23) als unwirksam beurteilt.
  • Wettbewerbsverbot: Ist Ihnen die Aufnahme einer Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen nach Beendigung untersagt?

III. Vorteile eines Aufhebungsvertrags

Ein Aufhebungsvertrag kann für beide Seiten vorteilhaft sein:

  • Schnelle Beendigung: Das Arbeitsverhältnis kann oft schneller enden, da Kündigungsfristen umgangen werden können.
  • Flexibilität: Sie können individuelle Details wie Freistellung oder Abfindung verhandeln.
  • Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten: Arbeitgeber möchten oft Kündigungsschutzklagen und damit verbundene Gerichtsprozesse vermeiden.
  • Planbarkeit: Beide Seiten wissen genau, wann und unter welchen Bedingungen das Arbeitsverhältnis endet.

IV. Risiken: Darauf müssen Sie besonders achten!

Trotz der Vorteile birgt ein Aufhebungsvertrag auch wichtige Risiken, die Sie unbedingt kennen sollten:

  • Sperrzeit beim Arbeitslosengeld:

Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag freiwillig unterschreiben und dadurch aktiv an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitwirken, kann die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit verhängen. Das bedeutet, Sie erhalten für eine bestimmte Zeit (oft 12 Wochen) kein Arbeitslosengeld. Eine Sperrzeit kann vermieden werden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt, z. B. eine drohende betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber, die im Vertrag explizit benannt wird. 

  • Verlust des Kündigungsschutzes:

Mit der Unterschrift auf dem Aufhebungsvertrag verzichten Sie auf Ihren gesetzlichen Kündigungsschutz. Das betrifft auch besondere Schutzrechte, zum Beispiel als Schwangere, Schwerbehinderter oder Betriebsrat.

  • Unfaire Bedingungen / Unwirksamkeit:

Ein Aufhebungsvertrag ist nicht gültig, wenn er unter unlauterem Druck oder unter Verstoß gegen das „Gebot fairer Verhandlungen“ zustande gekommen ist. Dies ist der Fall, wenn:

    • Ihnen der Arbeitgeber mit einer ungerechtfertigten Kündigung droht („Unterschreib das, sonst fliegst du fristlos!“).
    • Sie überrumpelt werden, z. B. ohne Vorankündigung und ohne ausreichende Bedenkzeit zur Unterschrift gedrängt werden.
    • Psychischer Druck aufgebaut wird, der Ihre freie Willensentscheidung beeinträchtigt (z. B. durch eine extrem unangenehme Gesprächsatmosphäre).

In solchen Fällen kann der Aufhebungsvertrag unwirksam sein, und auch ein darin enthaltener Klageverzicht ist dann meistens hinfällig.

V. Gibt es einen Anspruch auf Abfindung?

Nein, es gibt idR keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Arbeitgeber bieten Abfindungen in der Regel an, um die freiwillige Auflösung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer attraktiver zu machen und Kündigungsschutzklagen zu vermeiden.

  • Höhe der Abfindung: Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache. Die sog. Faustformel lautet: 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Häufig wird mehr bezahlt. Der Faktor 1 oder 1,5 ist durchaus nicht unüblich. Es kommt auf den Einzelfall an!
    • Beispiel Faustformel: Wer 30 Jahre im Unternehmen war und 4.000 € brutto verdient, kann mit einer Abfindung von ca. 60.000 € rechnen.

VI. Fazit: Was Sie unbedingt beachten sollten!

  • ✔ Ein Aufhebungsvertrag kann für beide Seiten eine gute Lösung sein – aber nur, wenn fair verhandelt wird, vgl. Checkliste unten
  • ✔ Er muss immer schriftlich abgeschlossen werden.
  • ✔ Es gibt idR keinen automatischen Anspruch auf eine Abfindung, sie ist Verhandlungssache. Im Zweifel sollte hier rechtliche Unterstützung z.B. durch einen erfahrenen Arbeitsrechtsanwalt ins Boot geholt werden.
  • ✔ Seien Sie besonders vorsichtig wegen der Sperrzeit und Ruhenstatbestand beim Arbeitslosengeld! Lassen Sie sich beraten.
  • ✔ Nehmen Sie immer Bedenkzeit! Unterschreiben Sie niemals unter Druck oder überstürzt.
  • ✔ Im Zweifel: Lassen Sie sich arbeitsrechtlich beraten! Besonders Betriebs- und Personalräte sollten ihre Kollegen bei solchen Entscheidungen unterstützen und sie dazu anhalten rechtliche Unterstützung einzuholen. 

VII. Gebote für ein faires Verhandeln.

Das vom BAG mit Urteil vom 7.2.2019 (BAG 7.2.2019 – 6 AZR 75/18, NZA 2019, 688) Gebot fairen Verhandelns beim Abschluss von Aufhebungsverträgen leitet sich aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht zur Rücksichtnahme gem. § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm § 241 Abs. 2 BGB ab.

 Checkliste: Gebot faires Verhandeln[1]

– Vertragsverhandlungen und Abschluss des Aufhebungsvertrages sollten im Betrieb zu den üblichen Arbeitszeiten erfolgen. Es sollten keine Hausbesuche beim Arbeitnehmer erfolgen.

– Immer kritisch hinterfragen, ob eine Abweichung von der Standard-Situation nötig und ob ggf. Anhaltspunkte für eine erschwerte Verhandlungssituation bestehen.

– Ankündigung über Gespräch vorab und eventuell Entwurf vorab zukommen lassen.

Ab dem konkreten Entwurf sollte eine Bedenkzeit von mindestens 3 Tagen eingeräumt werden. Der Wunsch zur Hinzuziehung einer Vertrauensperson sollte abgefragt werden und ggf. erfüllte werden.

– Umstände immer einzelfallbezogen betrachten; generell zu berücksichtigen:

psychische Drucksituation, körperliche oder physische Schwäche, unzureichende Sprachkenntnisse dürfen nicht ausgenutzt werden.

– Änderungswünsche dokumentieren

– Achtung bei dem Abschneiden von Ansprüchen:

Wird die Kündigungsfrist abgekürzt? Wird das unmittelbare Eintreten der Unverfallbarkeit von betrieblichen Altersversorgungsansprüchen vereitelt? Wird auf schon entstandene Vergütung verzichtet? 

[1] Angelehnt an Martin J. Reufels. Heuking Kühn Lüer Wojtek Partnerschaft mbB von Rechtsanwälten und Steuerberatern,  Beck´sche Online-Formulare Arbeitsrecht 19. Edition 2025 Stand: 01.05.2025