Grundlagen und Definitionen: Was ist eine Kündigungsschutzklage?

Bei der Kündigungsschutzklage handelt es sich um eine Fest­stel­lungs­kla­ge, durch die der Ar­beit­neh­mer nach Er­halt ei­ner Kündi­gung vor dem Ar­beits­ge­richt auf Fest­stel­lung kla­gen können, dass ihr Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst worden ist. Damit kann sich der Arbeitnehmer grundsätzlich gegen alle Arten von Kündigungen (ordentliche und außerordentliche Kündigungen, Beendigungskündigungen und Änderungskündigungen, Kündigungen in der Probezeit etc.) des Arbeitgebers wenden.

Prüfung einer Kündigungsschutzklage nach §4 KSchG

  1. Zulässigkeit
    1. Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit, §2 l Nr.3b ArbeitgeberG
    2. Örtliche Zuständigkeit, §46 ll ArbeitgeberG iVm §§12ff. ZPO (idR §29 l ZPO)
    3. Sachliche Zuständigkeit, §8 l ArbeitgeberG
    4. Klageart
      1. Besondere Feststellungsklage, §4 S.1 KSchG
      2. Allgemeine Feststellungsklage, §256 l ZPO
    5. Feststellungsinteresse
    6. Ordnungsgemäße Klageerhebung
  2. Begründetheit
    1. Wirksame Kündigungserklärung
      1. Schriftform, §623 BGB
      1. Erklärung vom richtigen Arbeitgeber
      2. Wirksamwerden der Erklärung (Zugang), §130 BGB
    2. Kündigungsfristen, §622 BGB
    3. Einhaltung der Klagefrist, §13 l 2, §4 S.1 KSchG
    4. Allgemeine Unwirksamkeitsgründe und besondere Kündigungsverbote
    5. Betriebsratsanhörung
    6. Vorliegen eines wichtigen Grundes
      1. Einhaltung der Ausschlussfrist, §626 ll BGB
      2. Wichtiger Grund, §626 l BGB
        1. An sich geeigneter Kündigungsgrund
        2. Negativprognose
        3. Ultima-Ratio-Prinzip: Kündigung wirklich erforderlich
        4. Interessenabwägung
          Sozialauswahl, §1 III-IV KSchG bei betriebsbedingten Kündigungen
    7. Bei fehlendem wichtigen Grund: evtl. Umdeutung in eine ordentliche Kündigung, §140 BGB
    8. Ggf. Notwendigkeit der Einhaltung einer sozialen Auslauffrist

Ablauf und Fristen: Wie funktioniert eine Kündigungsschutzklage?

Bei einer Kündigungsschutzklage stellt die Klagefrist zunächst den Dreh- und Angelpunkt dar. Ist diese abgelaufen, ist eine Klageerhebung nur noch in seltenen Ausnahmefällen zulässig.

Ablauf und Berechnung der Klagefrist

Für die Berechnung der Klagefrist gelten die allgemeinen Vorschriften, die auch für den ordentlichen Zivilprozess gelten. Die Frist beginnt zu laufen, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung in schriftlicher Form erhalten hat, §4 S.1 KSchG, und gilt unabhängig vom Kündigungsgrund.

Abgestellt wird hierbei auf den Zugang des Kündigungsschreibens beim betroffenen Arbeitnehmer, was durch den Arbeitgeber zu beweisen ist. Zu unterscheiden ist dabei, ob das Schreiben gegenüber einem Anwesenden oder Abwesenden zugeht.

Unter Anwesenden liegt der Zugang im Zeitpunkt der Übergabe des Schreibens an den Arbeitnehmer vor; das Datum dieses Tages dient als Fristbeginn.

Erfolgt der Zugang einem Abwesenden gegenüber, kommt es auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme an, d.h. das Kündigungsschreiben muss in den „Machtbereich des Empfängers“ gelangen. Dies ist z.B. bei dem Briefkasten des Arbeitnehmers der Fall; in der Regel beginnt die Frist hier am nächsten Werktag. Wichtig zu wissen ist, dass dies auch gilt, selbst wenn der Arbeitnehmer verreist ist und der Arbeitgeber dies wusste.

Die Klagefrist wird gewahrt, wenn die Kündigungsschutzklage vor Ablauf des letzten Tages der Frist (24 Uhr) beim Arbeitsgericht eingeht. Fällt das Ende der Klagefrist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet sie erst am folgenden Werktag um 24 Uhr.

Eine Berechnung kann über folgenden Link erfolgen: https://rechner.app/fristenrechner/fristenrechner-kuendigungsschutzklage/

  1. Keine schriftliche Kündigung (z.B. mündlich, per E-Mail oder Whats-App)
    Liegt keine schriftliche Kündigung vor, stellt dies einen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform des § 623 BGB dar, womit die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Dadurch ist eine Klageerhebung auch noch nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist möglich. Zu lange sollte trotzdem nicht gewartet werden, um keine Verwirkung der Rechte zu riskieren. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man dennoch binnen drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht erhebt.
  2. Kündigung nur nach Zustimmung einer Behörde möglich
    In dieser Konstellation beginnt die Klagefrist nicht mit Erhalt der Kündigung, sondern erst ab Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer, §4 S.4 KSchG. Dies ist zum Beispiel bei schwerbehinderten Menschen der Fall.
    Trotzdem empfiehlt es sich auch, hier die Drei-Wochen-Frist einzuhalten.
  3. Kündigung durch Nichtberechtigten oder ohne Vollmacht
    Wird die Kündigung des Arbeitnehmers durch einen Nichtberechtigten oder ohne Vollmacht erklärt, liegt keine Kündigung des Arbeitgebers vor. Erst durch eine nachträgliche Genehmigung ist ihm diese zurechenbar, wodurch die drei-Wochen-Frist erst dann beginnt.
    Erfolgt die Kündigung durch eine bevollmächtigte Person ohne Vorlage einer Originalvollmacht, kann der Arbeitnehmer die Kündigung unverzüglich zurückweisen, wodurch die Kündigung unwirksam wird. Hier ist jedoch trotzdem die Klagefrist einzuhalten.

Expertentipp: Es empfiehlt sich, nach Erhalt einer Kündigung in jedem Fall so schnell wie möglich, in jedem Fall vor Ablauf der Drei-Wochen-Frist rechtliche Beratung einzuholen, um hier keine Fehler zu machen!

Versäumte Fristen und nachträgliche Zulassung

Versäumt der Arbeitnehmer die Klagefrist, kann das sehr ärgerlich werden, denn gemäß §7 KSchG gilt die Kündigung dann als von Anfang an wirksam, auch wenn sie objektiv unwirksam ist. Lediglich in Ausnahmefällen kann nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist noch eine Klage erhoben werden. Geht die Kündigung dem Arbeitnehmer während seiner Urlaubszeit zu, hemmt dies grundsätzlich nicht die Drei-Wochen-Frist. Wird die Rückkehr des Arbeitnehmers jedoch aus unvorhersehbaren und unbeeinflussbaren Gründen verzögert, kann unter Umständen ein Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage gestellt werden. Dies erfordert eine genaue Begründung des Antrags und muss innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses erfolgen, vgl. § 5 KSchG.

„Rücknahme“ der Kündigung durch den Arbeitgeber

Wird die Kündigung durch den Arbeitgeber zurückgenommen, steht der Arbeitnehmer zunächst in der Schwebe, was sein weiteres Vorgehen angeht. Hierbei ist vor allem zu beachten, ob die Rücknahme vor oder nach Klagerhebung erfolgt ist. Nimmt der Arbeitgeber die Kündigung vor einer Klageerhebung zurück, kann dies gem. § 130 BGB nur vor dem Zugang beim Arbeitnehmer erfolgen, denn eine bereits zugegangene Kündigung kann nicht mehr einseitig durch den Arbeitgeber zurückgenommen werden. Verlässt sich der Arbeitnehmer darauf und lässt die Drei-Wochen-Frist verstreichen, setzt er sich einem erheblichen Risiko aus. Zugleich kann zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine verbindliche Fortsetzungsvereinbarung als Alternative zur Kündigungsschutzklage festgelegt werden.

Anders ist die Rücknahme zu bewerten, wenn sie erst nach der Klageerhebung erfolgt. Zwar ist eine Rücknahme der Kündigung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nicht möglich – stimmt er dieser allerdings nicht zu, verliert er sein Rechtsschutzbedürfnis im Klageverfahren und wird den Prozess verlieren. Insofern ist der Arbeitnehmer in dieser Konstellation gezwungen, der Rücknahme zuzustimmen und weiter seiner Arbeit nachzugehen. Tut er das nicht, setzt er sich arbeitsrechtlichen Konsequenzen aus.

Expertentipp: Auch wenn der Arbeitgeber die Kündigung „zurückzieht“, kann noch über eine gütliche Einigung verhandelt werden.

Erhalt mehrerer Kündigungen

Ist sich der Arbeitgeber nicht sicher, ob die erste Kündigung wirksam war, spricht er oftmals vorsorglich erneut eine Kündigung aus. Die bereits eingereichte Kündigungsschutzklage richtet sich jedoch nicht gegen diese sog. nachgeschobenen Kündigungen. Somit müsste der Arbeitnehmer gegen jede zugestellte Kündigung fristgerecht Klage einreichen. Dem kann vorweg gegangen werden, indem man der Kündigungsschutzklage einen sog. „Schleppnetzantrag“ hinzufügt. Dadurch werden alle weiteren Kündigungen in die Klage miteinbezogen. Wird dieser Antrag gestellt, ist zu beachten, dass falls keine weiteren Kündigungen erteilt wurden, der Antrag in der letzten mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden sollte, damit er nicht abgewiesen wird.

Kosten und Streitwerte: Was kostet eine Kündigungsschutzklage?

Streitwert und Gegenstandswert bei Kündigungsschutzklagen

Die Kosten einer Kündigungsschutzklage belaufen sich auf die Gerichtskosten und Anwaltskosten. Diese richten sich nach dem Streitwert der Klage. Bei der Kündigungsschutzklage beläuft sich dieser auf einen Betrag von drei Brutto-Monatsgehältern.

Gerichtskosten und Kostenverteilung

Die Gerichtskosten im Arbeitsrecht fallen dabei geringer aus als am Amts- oder Landgericht. Im Arbeitsrecht hat jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten (d.h. die Anwaltskosten) selbst zu tragen. Lediglich die Gerichtskosten sind von der unterlegenen Partei zu tragen. Die Gerichtskosten entfallen jedoch, wenn es zu einem Vergleich kommt.

Kosten für Arbeitnehmer und mögliche Abzüge

Liegt eine Rechtsschutzversicherung vor, übernimmt diese zumeist die Kosten des Rechtsanwalts sowie die Gerichtskosten, andernfalls muss der Arbeitnehmer die Kosten seines Anwalts auch bei erfolgreicher Klage selbst tragen. Als Gewerkschaftsmitglied besteht die Möglichkeit, sich kostenlos von einem gewerkschaftlichen Rechtssekretär vertreten zu lassen. Bei einem geringen Einkommen besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen.

Der Erfolg der Klage bemisst sich nicht nur daran, ob das Urteil vorteilhaft ausfällt, sondern auch, ob die Klage wirtschaftlich günstig war. Um dies feststellen zu können, lohnt es sich eine pauschale („Worst-Case-Szenario“) Berechnung der Kosten im Vergleich zu der Höhe der Abfindung bzw. der Gehaltszahlungen vorzunehmen.

Für den Arbeitnehmer besteht auch die Möglichkeit sich selbst zu vertreten, da vor dem Arbeitsgericht kein Anwaltszwang besteht. Trotzdem ist es dringend zu empfehlen sich bei einer Kündigungsschutzklage rechtlichen Beistand zu besorgen. Da das Arbeitsverhältnis bzw. die Abfindungshöhe von dem möglichen Ausgang der Klage und den Verhandlungstechniken abhängt, führt hier eine rechtlich qualifizierte Argumentation zu besseren Ergebnissen.

Besondere Kündigungsarten: Welche gibt es?

Klagen bei fristlosen Kündigungen

Fristlose (außerordentliche) Kündigung: es liegt ein wichtiger Grund liegt vor, der dem Arbeitgeber das Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar macht (z.B. Tätlichkeiten, Diebstahl, Betrug). Kann der Arbeitgeber eine derartige Tat des Arbeitnehmers nicht nachweisen, kann er seinen Kündigungsentschluss auch auf den schwerwiegenden Verdacht stützen, dass der Arbeitnehmer eine strafbare Handlung oder eine andere schwere Verfehlung begangen hat. In dem Fall spricht man von einer Verdachtskündigung. Diese setzt eine Anhörung des Arbeitnehmers zwingend voraus.

Änderungskündigungen und Kündigungsschutzklagen

Mit einer Änderungskündigung will der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen erreichen. Der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis und macht zugleich ein konkretes Angebot, das Arbeitsverhältnis unter den geänderten Bedingungen fortzusetzten.

Auf eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Änderungskündigung kann der Arbeitnehmer auf drei verschiedene Weisen reagieren. Zum einen kann er das Änderungsangebot annehmen und das Arbeitsverhältnis bleibt zu den geänderten Bedingungen (z.B. mit einem geringeren Beschäftigungsumfang oder einem anderen Arbeitsort) bestehen. Er kann das Angebot aber auch ablehnen, wodurch das Arbeitsverhältnis endet und er hierbei mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen kann. Die dritte Möglichkeit besteht darin, das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass diese rechtlich begründet sind. Das Arbeitsverhältnis besteht dann fort und im Rahmen der sog. Änderungsschutzklage überprüft das Gericht, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerichtfertigt ist.

Betriebsbedingte Kündigungen, z.B. im Zusammenhang mit Betriebsschließungen

Fällt der Beschäftigungsbedarf weg, kann der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen. In dem Fall ist aber immer zu prüfen, ob nicht eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz gegeben ist und ob eine Sozialauswahl durchgeführt wurde. Die Sozialauswahlkriterien sind das Alter, die Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten sowie ggfs. Eine Schwerbehinderung. Werden von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern nur einige gekündigt, hat der Arbeitgeber die Auswahl nach den o.g. Kriterien zu treffen und die weniger schützenswerten – nach der Wertung des KSchG sind dies die jüngeren, kürzer beschäftigten Arbeitnehmer ohne Unterhaltspflichten- zuerst zu kündigen.

Wird der gesamte Betrieb oder eine ganze Abteilung geschlossen, entfällt in der Regel die Sozialauswahl. Auch hier lohnt es sich aber, das Unternehmen genauer anzuschauen – Unter Umständen gibt es z.B. noch Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten an anderen Standorten.

Aufhebungsverträge

Durch den Kündigungsschutzprozess können für den Arbeitgeber erhebliche Unsicherheiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses entstehen. Um dem zu entgehen, bieten Arbeitgeber auch oftmals einen Aufhebungsvertrag an. Unterschreibt der Arbeitnehmer diesen, kann er gegen die Kündigung nicht mehr mit einer Klage vorgehen. Ob ein Aufhebungsvertrag vorteilhaft ist, hängt von den angebotenen Bedingungen ab. Es empfiehlt sich, sich vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages rechtlich beraten zu lassen.

Folgen bei gewonnener Klage: Weiterbeschäftigung oder unzumutbare Arbeit

Statistisch gesehen enden die meisten Kündigungsschutzklagen mit einem Vergleich, bei dem sich die Parteien auf ein bestimmtes Beendigungsdatum sowie ggfs. die Zahlung einer Abfindung verständigen.

Kommt es jedoch zu einem Urteil, wird bei positivem Ausgang durch das Gericht festgestellt, dass die Kündigung unwirksam war und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Daraus lassen sich folgende Ansprüche ziehen:

  1. Weiterbeschäftigung: Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen
  2. Entgeltzahlung: der Arbeitnehmer hat Anspruch auf sein bisheriges Entgelt und muss dies auch rückwirkend gezahlt bekommen für die Dauer des Prozesses. Wurde das Arbeitsverhältnis zum Beispiel zum 31.3. eines Jahres gekündigt und fällt das Gericht erst im Juni eine Entscheidung, so hat der Arbeitgeber im Fall, dass der Arbeitnehmer den Prozess gewinnt, die Gehälter von April bis Juni nachzubezahlen. Dies jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer es nicht böswillig unterlässt, in der Zwischenzeit schon eine neue Beschäftigung zu suchen.

Beachte: Führt die Klage zum Erfolg, d.h. zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses, und ist eine weitere Zusammenarbeit von einer Partei dennoch nicht gewünscht, kann nach § 9 KSchG, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für eine Partei unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis auf entsprechenden Antrag auch durch das Gericht aufgelöst werden und die Zahlung einer Abfindung festgestellt werden. Auch ohne Unzumutbarkeit kann der Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber zugehen und von sich aus einen Abfindungsvergleich vorschlagen. Das Gericht urteilt jedoch außer in den Fällen des § 9 KSchG nicht über eine Abfindung.

Neue Arbeitsstellen während einer laufenden Klage

Erhält der Arbeitnehmer bereits während des Verfahrens ein neues Jobangebot und will er dieses annehmen, steht ihm dies offen. Erlangt der ehemalige Arbeitgeber hiervon Kenntnis, kann dies die Verhandlungsposition hinsichtlich einer möglichen Abfindung schmälern.

Gewinnt der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess und führt die gerichtliche Entscheidung zu einer Fortführung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses, hat der Arbeitnehmer gem. § 12 KSchG ein Wahlrecht. Entscheidet er sich für das neue Arbeitsverhältnis, kann er dies dem Arbeitgeber binnen einer Woche nach der Rechtskraft der Entscheidung mitteilen.

Voraussetzungen und Zulässigkeit einer Kündigungsschutzklage

Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz

Das Kündigungsschutzgesetz erschwert es Arbeitgebern, ihren Arbeitnehmer willkürlich zu kündigen. Es schützt vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. In der Regel gilt es in Betrieben, die regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen, die länger als 6 Monate dort arbeiten. Das KSchG findet außerdem erst nach einer Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten erstmals Anwendung.

Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, muss die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein und kann nur aus bestimmten Gründen erfolgen. Diese müssen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Ursprung haben und einer Weiterbeschäftigung an dem Arbeitsplatz entgegenstehen, §1 ll 1 KSchG. Zusätzlich sind weitere soziale Aspekte zu berücksichtigen, darunter die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter, jeweilige Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderteneigenschaft. Grundsätzlich darf keine Diskriminierung ersichtlich sein.

Im Einzelnen:

  1. Betriebsbedingte Gründe
    Fällt der Arbeitsplatz bzw. der Beschäftigungsbedarf weg, kann der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen. Er muss aber immer prüfen, ob nicht eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz möglich ist und eine Sozialauswahl nach den Kriterien Dauer der Betriebszughörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung durchführen.
  2. Personenbedingte Gründe
    Kündigungsgrund kann auch sein, dass in der Person des Arbeitnehmers liegende Umstände – die er nicht ändern kann- dazu führen, dass er die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. In der Regel sind dies gesundheitliche Einschränkungen.
  3. Verhaltensbedingte Gründe
    Hier sind die Fälle gemeint, in denen der Arbeitnehmer sich vertragswidrig verhält und trotz Abmahnung dieses Verhalten nicht abstellt.

Kündigungsschutz in kleinen Betrieben und bei kurzer Betriebszugehörigkeit

Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht bei Kleinbetrieben mit weniger als 10 Arbeitnehmern. Dies bedeutet, dass auch ohne betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe und ohne Durchführung einer Sozialauswahl gekündigt werden kann. Es gilt auch nicht vor Ablauf einer Wartefrist von 6 Monaten.

Dennoch gibt es Ausnahmen, in denen auch Arbeitnehmer in Kleinbetrieben erfolgreich Kündigungsschutzklage erheben können. Dies können z.B. Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sein. Es verbietet eine Diskriminierung aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Herkunft oder Religion. Wenn ein Arbeitnehmer den Verdacht hat, dass die Kündigung aus diskriminierenden Gründen erfolgt ist, kann er eine Kündigungsschutzklage einreichen und den Sachverhalt vor dem Arbeitsgericht klären lassen.

Eine Kündigung außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes ist außerdem rechtsunwirksam, wenn Formvorschriften (Schriftform, richtiger Aussteller, Zugang, Einhaltung der Kündigungsfrist) missachtet wurden.

Auch wenn der Verdacht auf eine rechtsmissbräuchliche Kündigung besteht, kann eine Kündigungsschutzklage sinnvoll sein. Eine rechtsmissbräuchliche Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nur ausspricht, um sich z.B. unliebsamer Mitarbeiter zu entledigen oder um den Arbeitnehmer in seiner Persönlichkeit zu verletzten.

Expertentipp: Ob eine Klage außerhalb des Kündigungsschutzgesetztes sinnvoll ist, sollte sorgfältig und unter Abwägung von Kosten und Nutzen geprüft werden.

Besonderer Kündigungsschutz

Eine Kündigung ist auch dann unwirksam, wenn ein besonderer Kündigungsschutz besteht, z.B. wegen Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen, Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit. In diesen Fällen ist eine Kündigung nur nach behördlicher Genehmigung möglich. Fehlt diese, ist die Kündigung unwirksam. Einen besonderen Kündigungsschutz genießen auch Mitglieder eines Betriebsrats oder Personalrats, Wahlbewerber für ein solches Amt und für einen bestimmtem Zeitraum auch ehemalige Mitglieder des Betriebs- oder Personalrats.

Arbeitsrechtliche Aspekte und Auswirkungen

Lohnfortzahlung, Gehalt und Urlaubsansprüche während der Klage

Die Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis trotz Klageerhebung zunächst zum Ablauf der erklärten Kündigungsfrist. D.h. bis dahin bestehen die gegenseitigen Vertragspflichten (Erbringung der Arbeitsleistung auf der einen und Zahlung von Entgelt auf der anderen Seite) fort. Bis zu diesem Zeitpunkt entstehen auch Urlaubsansprüche, die entweder in Natur zu nehmen oder aber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten sind.

Danach enden die gegenseitigen Vertragspflichten zunächst. Gewinnt der Arbeitnehmer seine Klage, sind ihm die zwischenzeitlich entgangenen Gehälter nachzuzahlen, wobei etwaige Zahlungen von Arbeitslosengeld oder auch anderweitig erzielter Verdienst anzurechnen sind. Der Arbeitnehmer muss allerdings mit der Kündigungsschutzklage seine Arbeitskraft über die Kündigungsfrist hinaus anbieten, um den Arbeitgeber in Verzug zu setzen.

Arbeitslosengeld und Auswirkungen bei einer Kündigungsschutzklage

Verliert der Arbeitnehmer durch eine Kündigung des Arbeitgebers seine Arbeitsstelle, hat er regelmäßig einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das gilt unabhängig von der Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Eine Sperrzeit verhängt die Arbeitsagentur allerdings in den Fällen, in denen es davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit selbst verschuldet hat. Dies ist i.d.R. bei verhaltensbedingten Kündigungen der Fall. Stellt sich durch den Prozess heraus, dass die Vorwürfe nicht berechtigt waren, kann diese Entscheidung der Arbeitsagentur korrigiert werden.

Rechtliche und praktische Durchführung

Einreichen einer Kündigungsschutzklage: Wo und wie?

Die Kündigungsschutzklage ist vor dem zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. Dies ist in der Regel das Arbeitsgericht, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Sitz des Arbeitgebers bzw. der Arbeitsort des Arbeitnehmers befindet. Bei anwaltlicher Vertretung wird das für den Arbeitnehmer erledigt. Entscheidet der Arbeitnehmer sich für eine Eigenvertretung, ist die Klageschrift bei der Rechtsantragsstelle bzw. in den Briefkasten des zuständigen Arbeitsgerichts fristgerecht abzugeben.

Der Prozess vor dem Arbeitsgericht

Der Prozess vor dem Arbeitsgericht unterteilt sich dabei in folgende Schritte:

  1. Einreichen der Klage und Zustellung an den AG durch das Gericht
    1. Güteverhandlung: hier wird die An­ge­le­gen­heit al­lein vor dem oder der Vor­sit­zen­den der Kam­mer be­spro­chen. Gem. § 61 a II ArbeitgeberG soll dies innerhalb von 2 Wochen nach Klageerhebung erfolgen. Bei vielen Gerichten dauert es aber deutlich länger, bis der Gütetermin stattfindet. Der Gütetermin dient einer ersten Erörterung des Falles und dem Suchen nach einer einvernehmlichen Lösung. Diese ist bei Kündigungsrechtsstreiten fast immer eine Beendigung durch Vergleich gegen Zahlung einer Abfindung. Wichtig ist, dass der Richter zwar bei der Lösungsfindung helfen kann und auch Vorschläge über die Abfindungshöhe machen kann, die Parteien aber nicht daran gebunden sind.
    2. Kommt es nicht zu einer Einigung (z.B. weil der Arbeitgeber keine Abfindung zahlen will oder die vorgeschlagene Abfindung dem Arbeitnehmer zu gering erscheint, wird ein Kammertermin bestimmt (i.d.R. ca. 3-5 Monate nach der Güteverhandlung). Bis dahin müssen beide Parteien schriftlich Stellung nehmen und auch Beweismittel vorlegen und Zeugen benennen.
    3. Kammerverhandlung: in der sog. Kammerverhandlung wird der Sachverhalt ausführlich behandelt. Hier können auch Zeugen vernommen werden. Das Gericht – besetzt durch den vorsitzenden Richter sowie zwei ehrenamtliche Richter- entscheidet in der Sache, falls hier ebenfalls keine Einigung erzielt werden kann.
  2. Gerichtsentscheidung: Bei Unwirksamkeit der Kündigung wird der Klage stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis besteht fort und muss fortgesetzt werden.
  3. Berufung: die unterlegene Partei kann binnen eines Monats nach Zustellung der Urteilsgründe Berufung beim Landesarbeitsgericht einlegen.

Möglichkeiten zur Rücknahme einer Kündigungsschutzklage

Die Rücknahme einer Kündigungsschutzklage ist jederzeit möglich. Bei Rücknahme der Klage vor Antragstellung in der Kammerverhandlung entfallen zusätzlich die Gerichtskosten.

Vergleich und Abfindung bei Kündigungsschutzklagen

Abfindungsvergleich: Höhe und Regelungen bei erfolgreicher Klage

Während des Kündigungsschutzprozesses kann es zu einer einvernehmlichen Lösung, einem Vergleich, kommen. Der Rechtsstreit wird dadurch ohne Urteil beigelegt und kann schneller abgeschlossen werden. Die Parteien einigen sich dabei oftmals, das Arbeitsverhältnis zu beenden gegen Zahlung einer Abfindung. Ein solcher zwischen den Parteien ausgehandelter Vergleich kann als Beschluss durch das Gericht festgestellt werden und stellt dann einen Vollstreckungstitel dar, mit dem bei Ausbleiben der Abfindungszahlung unmittelbar Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden können.

Die Höhe der Abfindung richtet sich dabei nach der sog. Faustformel (0,5 des zuletzt gezahlten Bruttomonatsgehalts * Anzahl der Beschäftigungsjahre). Diese dient jedoch lediglich als Anhaltspunkt und kann abhängig von den vorliegenden Voraussetzungen (insbesondere den Erfolgsaussichten im Prozess) stark variieren. In dem Vergleich sollten dann auch noch alle sonstigen offenen Punkte geregelt werden, wie zum Beispiel weitere strittige Zahlungsansprüche, Urlaubsabgeltung, Zeugnis etc. Auch eine bezahlte Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kann vereinbart werden. Durch den Vergleich können beide Parteien Rechtssicherheit gewinnen.

Sonderfälle und Ausnahmen

Kündigungsschutzklage bei insolventen Arbeitgebern

Befindet sich der Arbeitgeber in der Insolvenz und muss deshalb Arbeitnehmern die Kündigung aussprechen, gilt weiterhin der allgemeine Kündigungsschutz. Gemäß §113 InsO gilt ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung eine spezielle Kündigungsfrist. Allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für sich rechtfertigt noch keine betriebsbedingte Kündigung, einzig die insolvenzspezifische Entscheidung des Insolvenzverwalters in Form von Betriebsteilstilllegungen etc. kann diese begründen. Auch gegen eine Kündigung aufgrund einer Insolvenz des Arbeitgebers kann Kündigungsschutzklage erhoben werden. Diese richtet sich im Zweifel gegen den Insolvenzverwalter.