Sperrzeit wegen „Papstsatire“

Im aktuellen Beitrag soll das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.10.2011, welches unter dem Schlagwort „Papstsatire“ bundesweit für Schlagzeilen sorgte, vorgestellt und näher beleuchtet werden. Obwohl es sich um ein Urteil der Sozialgerichtsbarkeit handelt, beinhaltet es überwiegend arbeitsrechtliche Fragestellungen zur Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung bei illoyalem Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber.

Sachverhalt

Seinen Anfang nahm der Fall in Konstanz, wo der Kläger von 1998 bis 2007 als Krankenpfleger in einer dem Deutschen Caritasverband angehörenden Einrichtung beschäftigt war.

Der Kläger schrieb in seiner Freizeit Texte, die er selbst als Satire bezeichnete und die sich kritisch mit dem Papst beschäftigten und veröffentlichte diese im Internet. Hierbei verwendete er ein Pseudonym. Dies war dem Arbeitgeber bekannt geworden und er drohte dem Kläger an, das Arbeitsverhältnis fristlos zu beendigen und zudem Strafanzeige zu erstatten, falls der Kläger nicht den vorgelegten Aufhebungsvertrag unterschreibe. Der Kläger tat dies, wodurch sein Arbeitsverhältnis zum Ende des laufenden Monats endete. Er beantragte Arbeitslosengeld und erhielt einen Bescheid, in dem die Bundesagentur für Arbeit eine 12-wöchige Sperrzeit verhängte. Hiergegen wehrte sich der Kläger mit Widerspruch und Klage.

Rechtliche Begründung

Rechtsgrundlage für die Verhängung einer Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit ist § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III. Danach kann eine Sperrzeit verhängt werden, wenn der Arbeitslose sein Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosig-keit herbeigeführt hat.

Dass der Kläger sein Arbeitsverhältnis hier selbst gelöst hat, steht außer Frage. Schließlich hat er einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet und somit ganz bewusst seine Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben. Ein solches Verhalten zieht normalerweise immer eine Sperrzeit nach sich. Eine Ausnahme macht die Bundesagentur für Arbeit nur dann, wenn ein wichtiger Grund für die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages vorgelegen hat.

Ein wichtiger Grund liegt bei Aufhebungsverträgen dann vor, wenn die als Alter-native zum Aufhebungsvertrag angedrohte fristlose Kündigung nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Das Sozialgericht musste hier also zunächst eine arbeitsrechtliche Prüfung vornehmen und darüber entscheiden ob in dem vorliegenden Fall eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre.

Voraussetzung hierfür ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB, dass es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.

Die Besonderheit besteht im vorliegenden Fall darin, dass Anlass für die drohende Kündigung ein Verhalten im außerdienstlichen Bereich war. Der Kläger hatte die satirischen Texte in seiner Freizeit verfasst und unter einem Pseudonym im Internet veröffentlicht. Außerdienstliches Verhalten kann aber nur dann ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein, wenn dadurch das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird. Das erstinstanzliche Gericht war der Auffassung, dass wegen der Verwendung eines Pseudonyms die Satire dem Kläger nicht ohne weiteres zugeordnet werden konnte und somit den Arbeitgeber auch nicht beeinträchtigte.

Das Landessozialgericht sah dies anders: Es wies darauf hin, dass im Bereich der Kirchen und Tendenzbetriebe die Möglichkeiten zu einer außerordentlichen Kündigung wegen außerdienstlichen Verhaltensweisen weiterreichen als bei anderen Arbeitsverhältnissen. Umgekehrt ausgedrückt heißt dies, dass von Arbeitnehmern, die in Kirchen oder Tendenzbetrieben beschäftigt sind, durch den Arbeitgeber auch auf das außerdienstliche Verhalten Einfluss genommen werden kann. Der Kläger war bei einem Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft beschäftigt und Bestandteil seines Arbeitsvertrages war unter anderem die Pflicht, sich nicht im Gegensatz zu den tragenden Grundsätzen der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre zu verhalten. Dies bezog sich sowohl auf die Arbeitszeit als auch die Freizeit.

Der Kläger habe – so das Landessozialgericht- durch die Veröffentlichung seiner satirisch gemeinten Artikel Papst Benedikt XVI. in extremer Weise herabgewürdigt und damit seine Loyalitätsobliegenheiten offenkundig verletzt.

Dass er dies nicht unter seinem eigenen Namen, sondern unter Verwendung eines Pseudonyms tat, stehe nicht entgegen, da er schließlich als Autor identifiziert worden sei und es im Übrigen durchaus seine Absicht war, die Texte einer breiten Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen. Damit ging er jedenfalls das Risiko ein, als Autor erkannt zu werden.

Da der Kläger sich grob arbeitsvertragswidrig verhalten habe und keinesfalls mit einer Hinnahme dieses Verhaltens durch seinen Arbeitgeber rechnen konnte, wäre in dem Fall auch eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen.

Die als Alternative zum Aufhebungsvertrag in Aussicht gestellte fristlose Kündigung wäre nach Auffassung des Landessozialgerichts rechtmäßig gewesen, weswegen der Kläger keinen wichtigen Grund hatte, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen.

Aus diesem Grund sah das Landesarbeitsgericht die Verhängung der Sperrzeit als korrekt an. Die Revision wurde nicht zugelassen.