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Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag: Vorsicht ist für Arbeitnehmer geboten

Vertragsstrafen im Arbeitsverhältnis werden oft als ein Instrument dargestellt, das beide Vertragsparteien vor Pflichtverletzungen schützt. Die Praxis zeigt jedoch, dass sie überwiegend als Absicherung für den Arbeitgeber auf Kosten des Arbeitnehmers ausgestaltet sind. Für Arbeitnehmer besteht daher in der Regel keine Notwendigkeit, einer solchen Klausel zuzustimmen, und sie sollten diese mit besonderer Vorsicht prüfen. 

Was versteht man unter einer Vertragsstrafe?

Im deutschen Arbeitsrecht bezeichnet eine Vertragsstrafe einen im Arbeitsvertrag festgelegten Geldbetrag. Dieser soll die Einhaltung bestimmter vertraglicher Pflichten sicherstellen und dient als finanzielles Druckmittel. Verstößt eine Partei gegen eine klar definierte Pflicht, wird die vereinbarte Strafzahlung fällig, ohne dass der entstandene Schaden im Detail nachgewiesen werden muss.

 Typische Anwendungsfälle – Meist zugunsten des Arbeitgebers

Während theoretisch auch Arbeitnehmer Vertragsstrafen fordern könnten (etwa bei ausbleibender Lohnzahlung), werden sie in der Praxis fast ausschließlich vom Arbeitgeber zur Absicherung seiner Interessen eingesetzt.

Typische Fälle, in denen Arbeitgeber eine Vertragsstrafe verankern wollen, sind: 

  • Der Nichtantritt der Arbeit: Wenn ein Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag unterschreibt, die Stelle aber nicht antritt.
  • Die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund: Um eine abschreckende Wirkung zu erzielen.
  • Verstöße gegen ein Wettbewerbsverbot: Insbesondere nach Vertragsende.
  • Die unbefugte Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

Für geringfügige Pflichtverletzungen wie gelegentliche Unpünktlichkeit sind Vertragsstrafen unüblich und oft auch unwirksam. Hierfür stehen dem Arbeitgeber das Weisungsrecht oder andere disziplinarische Mittel wie eine Abmahnung zur Verfügung.

 Wann ist eine Vertragsstrafe wirksam?

Damit eine Klausel zur Vertragsstrafe rechtlich wirksam ist, muss sie hohe Anforderungen erfüllen: 

  1. Transparenz und Klarheit: Die Klausel muss klar und unmissverständlich formuliert sein. Der Arbeitnehmer muss genau erkennen können, bei welchem konkreten Verhalten die Strafe droht.
  2. Angemessenheit: Die Höhe der Strafe muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Pflichtverstoßes und zum Gehalt des Arbeitnehmers stehen. Sie darf den Beschäftigten nicht „unangemessen benachteiligen“. In der Regel gilt eine Bruttomonatsvergütung als Obergrenze.
  3. Keine Übersicherung: Die Strafe darf nicht dazu dienen, den Arbeitgeber besserzustellen, als er bei normaler Vertragserfüllung stünde.

Gerichte legen bei der Prüfung von Vertragsstrafen einen sehr strengen Maßstab an, da sie das vertragliche Gleichgewicht empfindlich stören. 

Empfehlung: Warum Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe nur selten akzeptieren sollten

Eine Vertragsstrafe ist kein Standardelement eines Arbeitsvertrags. Sie verschiebt das Risiko einseitig auf den Arbeitnehmer. Arbeitsrecht ist Arbeitnehmerschutzrecht und nicht Arbeitgeberschutzrecht. 

Grundsätzlich sollten Sie einer solchen Klausel nur zustimmen, wenn es dafür besondere und für Sie vorteilhafte Gründe gibt.

Ein solcher Grund könnte vorliegen, wenn der Arbeitgeber eine außergewöhnlich hohe Investition in Sie tätigt, die über die übliche Einarbeitung hinausgeht, zum Beispiel:

  • Die Finanzierung einer sehr teuren, externen Weiterbildung oder Zertifizierung.
  • Die Zahlung eines hohen Antrittsbonus (Signing Bonus), der an eine bestimmte Verweildauer im Unternehmen gekoppelt ist.

Fehlt ein solcher klarer, fairer und nachvollziehbarer Ausgleich, sichert sich der Arbeitgeber lediglich auf Ihre Kosten gegen sein allgemeines unternehmerisches Risiko ab. 

Fazit: Prüfen und Verhandeln

Akzeptieren Sie als Arbeitnehmer eine Vertragsstrafenklausel nicht leichtfertig als gegeben. Fragen Sie nach dem Grund und verhandeln Sie. Oftmals lässt sich die Klausel ersatzlos streichen. Im Zweifel ist es immer ratsam, den Arbeitsvertrag vor der Unterzeichnung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen. Ohne einen klaren und fairen Vorteil, der das zusätzliche Risiko für Sie ausgleicht, gibt es für Arbeitnehmer nur selten einen guten Grund, eine solche Vereinbarung zu treffen.

kanzlei@wirlitsch-arbeitsrecht.de

Michael D. Wirlitsch Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, M.A.E.S. (Univ. Basel) Lehrbeauftragter an der Universität Konstanz, Arbeitsrecht für Geisteswissenschaftler; Mitkommentator des Landespersonalvertretungsrecht für Baden Württemberg, 3. Auflage 2016