Wie viel kann der Arbeitgeber bei der Wahl der Arbeitskleidung mitreden?

Das Thema Arbeitsbekleidung ist ein sehr breites Feld. In einigen Berufen wird stark darauf Wert ge­legt, dass eine bestimmte Arbeitsbekleidung getragen wird. Es gibt Berufe, wel­che schon an der Klei­dung erkannt werden. So ist etwa für eine Richterin oder einen Richter die Robe typisch. Eine Köchin oder einen Koch erkennt man an der weißen Kleidung und an der Kochmütze. Handwerkerinnen und Handwerker tragen häufig einen Overall und so kennen wir zahlreiche weitere Beispiele aus unserem Alltag. In vielen Berufen ist man hingegen in der Wahl der Arbeitsbekleidung freier. So kann man etwa bei Bürotätigkeit ohne Kundenver­kehr schon nicht ganz so einfach eine typische Arbeits­beklei­dung benennen. Die Wahl der Arbeitsbekleidung birgt auch ein gewisses Konflikt­potential zwischen Arbeitnehmer- und Ar­beitgeberseite. Die Wahl ihrer/seiner Kleidung ist für die Einzelne/den Einzelnen stets auch ein Ausdruck ihrer/seiner Persönlichkeit und ihrer/seiner Individualität. Sehr häufig geraten daher gerade Auszubildende in Konflikt mit ihrem Ausbilder. Es stellt sich also die Frage, inwieweit einem der/die Vorgesetzte vor­schreiben kann, welche Kleidung bei der Arbeit getragen werden darf und welche nicht. Der Beantwortung dieser Frage wollen wir uns in diesem Beitrag an­nehmen.

Welche rechtlichen Grundlagen sind beim Thema Arbeitskleidung zu beachten?

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, wo Regelungen hinsichtlich der Arbeitskleidung zu finden sein können. Zum einen können Arbeitsverträge Regelungen zur Wahl der Arbeits­kleidung beinhal­ten. Ferner sind auch generelle Regelungen in kollektiven Ver­einbarungen wie Betriebs- und Dienst­vereinbarungen und Tarifverträgen denkbar (zu einer Regelung bezüglich einer einheitlichen Arbeits­kleidung in einer Betriebsver­einbarung vgl. BAG vom 01.12.1992 Az.: 1 AZR 260/92).

Sofern keine ausdrücklichen Vereinbarungen bestehen, kann der Arbeitgeber einseitig durch Aus­übung seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) die Arbeitskleidung festlegen. Dieses Weisungsrecht besteht jedoch selbstverständlich nicht schrankenlos. Der Arbeit­geber greift durch eine Weisung bezüglich der zu tragenden Kleidung erheblich in das vom Grundgesetz geschützte Allgemeine Per­sönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin ein. Daher müssen im Einzelfall die be­trieblichen Interessen und die Frei­heit des betroffenen Arbeitnehmers/der betroffenen Arbeitneh­merin, die Kleidung selbst zu bestimmen, sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Welche Kriterien darf der Arbeitgeber heranziehen, wenn er durch Weisung in die Wahl der Arbeitskleidung eingreift?

Während Sicherheitsgründe bei einer Weisung, eine bestimmte Schutzkleidung zu tragen vom Ein­zelnen in der Regel nachvollzogen werden können, so sind Weisungen, welche von Arbeitgeberseite auf das Unternehmensinteresse an einer bestimmten Kleidung gestützt werden, für den Betroffen­en/die Betroffene häufig schwieriger zu akzeptieren. Gerade im zweiten Fall stellt sich die Frage, wie weit darf ein Arbeitgeber gehen? Wie weit reichen die unternehmerischen Interessen in den persön­lichen Bereich der Wahl der Kleidung hinein?

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lässt es grundsätzlich zu, dass der Arbeit­geber den Arbeitnehmern die Arbeitsbekleidung vorschreiben kann. In einer Ent­scheidung aus dem Jahre 1992 hat das BAG es zur Begründung für ausreichend er­achtet, dass das äußere Erscheinungsbild des Unter­nehmens durch das Tragen einheit­licher Arbeitskleidung verbessert werden sollte, sofern die Ar­beitskleidung nicht unge­eignet ist oder in irgendeiner Weise die Würde der Arbeitnehmer beein­trächtigt.

Welche Möglichkeit hat der Arbeitgeber, eine bestimmte Arbeitskleidung durchzu­setzen?

Sofern eine wirksame Regelung bezüglich der Arbeitskleidung vereinbart wurde oder aber der Ar­beitgeber diesbezüglich eine wirksame Weisung ausgesprochen hat, so läuft der Ar­beitnehmer Ge­fahr bei Nichtbeachtung abgemahnt oder aber im äußersten Fall sogar ge­kündigt zu werden.

Was kann die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer tun, wenn er der Auf­fassung ist, dass der Arbeitgeber zu sehr in ihre/seine Freiheiten bei der Wahl der Kleidung eingegriffen hat?

Sofern der Arbeitgeber eine Abmahnung ausgesprochen hat, hat der Arbeitnehmer die Mög­lichkeit eine Gegendarstellung zur Personalakte nehmen zu lassen, soweit er der Auffassung ist, dass die Abmahnung ungerechtfertigt erfolgt ist. Unberechtigt wäre die Abmahnung ins­besondere dann, wenn die Weisung des Arbeitgebers, eine bestimmte Bekleidung zu tragen, unwirksam wäre. Sofern der Arbeitnehmer zeitnah Klarheit haben möchte, ob die Ab­mahnung von seinem Arbeitgeber rechtmäßig ausgesprochen wurde und dieser Streit nicht erst im Rahmen eines Kündigungsschutz­prozesses in der Zukunft ausgefochten werden soll, so hat er die Möglichkeit die Abmahnung vor dem zu­ständigen Arbeitgericht überprüfen zu lassen. Gleiches gilt, sofern der Arbeitgeber mit einer Kündigung reagiert hat, wobei in diesem Fall für die Kündigungsschutzklage die 3-Wochenfrist des § 4 KSchG zu beachten ist!

 Zusammenfassung:

Eine einseitige Anweisung des Arbeitgebers, eine bestimmte Kleidung während der Arbeits­zeit zu tragen, kann aus Sicherheitsgründen, aber auch durch Unternehmens­interessen ge­rechtfertigt sein. Eine generelle Aussage ist hier nicht möglich. Im Einzellfall müssen die In­teressen des Arbeitgebers sowie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.