Eine bestimmte Meinung zu vertreten, dafür einzustehen und sie öffentlich zu äußern ist ein zentrales Grundrecht in demokratisch organisierten Staaten und damit auch in Deutschland.
So hat aktuell die Entlassung eines ukrainischen Barmanns in Baden-Baden Ende März 2022 auch medial hohe Wellen geschlagen. In diese arbeitsrechtliche Auseinandersetzung hatte sich sogar der ukrainische Außenminister mit der Aussage: „Mein Signal an alle Putin-Versteher – Anhänger Putins in Deutschland und anderen Ländern – ihr seid wie die Piloten der russischen Flugzeuge, die ukrainische friedliche Bürger umbringen.“ eingemischte. Der 52-jährige Arbeitnehmer des Restaurants Rizzi in der mondänen Kurstadt soll eine Wutrede gegen den russischen Angriffskrieg sowie teilweise auch pauschal gegen Russen als Video im Internet veröffentlicht haben, wie diverse Medien berichteten. Wegen des Instagram-Videos wurde der Mann von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt.
Für die Beurteilung, wie stark eine Äußerung geschützt ist, kommt es unter anderem darauf an, ob die Meinung im privaten Kreis oder öffentlich geäußert wurde. In den vergangenen Jahren erfolgen Meinungsäußerungen und damit einhergehende Diskussionen zunehmend auf soziale Plattformen wie bspw. Twitter, Facebook, Instagram, etc. Zwar gibt es auch im Rahmen sozialer Netzwerke die Möglichkeit, einen begrenzten Adressatenkreis festzulegen und damit die Wirkung eines Posts einzuschränken, allerdings besteht stets ein potenzielles (Rest-)Risiko, dass es doch zu einer ungehinderten Ausbreitung kommt. Dass ein solches Risiko durchaus besteht, sehen auch die Betreiber der sozialen Netzwerke, welche die Gewährleistung einer lückenlosen Privatsphäre in ihren Nutzungsbedingungen bzw. Datenschutzlinien (vorsorglich) ausschließen. Nutzer sollten daher nicht darauf vertrauen, dass nur der ursprünglich vorgesehene Adressatenkreis Zugriff auf die Äußerungen und andere Inhalte wie Bilder und Videos hat.
Die gravierenden Unterschiede zwischen analogen Äußerungen und Posts in sozialen Netzwerken bestehen zum einen in der Geschwindigkeit der Verbreitung und zum anderen in der Nachweisbarkeit. Posts können relativ einfach und schnell verbreitet werden (bspw. durch Weiterleiten, Kommentieren, „Liken“, „Teilen“, „Retweeten“ oder ähnliche Reaktionsmöglichkeiten) und sind aufgrund dessen, dass das „Internet nicht vergisst“, dauerhaft verfügbar und nachweisbar.
In den folgenden Beiträgen geht es um die Bedeutung von Meinungsäußerungen für das Arbeitsverhältnis und mögliche präventive und repressive Maßnahmen seitens des Arbeitgebers, um einen rechtmäßigen Umgang mit unerwünschten Äußerungen eines Arbeitnehmers zu gewährleisten.
Gliederung der Beiträge:
Teil 1 von 7: Einleitung: Betrieb sind keine meinungsfreien Zonen oder Umgang mit beleidigenden oder
fremdenfeindlichen Äußerungen im Arbeitsrecht
Teil 2 von 7: Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) im Allgemeinen
Teil 3 von 7: Konkrete Bedeutung der Meinungsfreiheit im Arbeitsrecht
Teil 4 von 7: Bewertung von Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers
Teil 5 von 7: Bewertung von Meinungsäußerungen besonderer Personengruppen
Teil 6 von 7: Präventive Maßnahmen des Arbeitgebers
Teil 7 von 7: Repressive Maßnahmen des Arbeitgebers