Anspruch auf Lohnfortzahlung und Erhalt des Urlaubsanspruches im Falle einer Corona-Erkrankung oder coronabedingten Quarantäne

1. Ich bin ungeimpft und nun an Corona erkrankt. Habe ich einen Anspruch gegen meinen Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung, obwohl ich nicht gegen COVID-19 geimpft bin?

Erkrankt ein Arbeitnehmer an Corona, gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Das heißt, dass Beschäftigte grundsätzlich, bei nachgewiesener Krankheit mit ausbleibender Arbeitsunfähigkeit, einen Anspruch auf Lohnfortzahlung bis zu sechs Wochen haben, vgl. § 3 EFZG.

Dieser Anspruch besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer die Krankheit selbst verschuldet hat. Das Bundesarbeitsgericht verlangt dafür, dass der Arbeitnehmer „in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise“ verstoßen hat. (BAG, 26.10.2016 – 5 AZR 167/16; st. Rspr.). In der Praxis wird ein Verschulden nur in seltenen Fällen überhaupt diskutiert. Auch bei einer Corona-Erkrankung ohne die empfohlene COVID-19-Impfung trifft den Arbeitnehmer kein Verschulden. Schließlich wird auch kein Verschulden bei anderen Erkrankungen, gegen die Impfungen vorhanden sind und empfohlen werden, angenommen.

Im Ergebnis gilt daher, dass auch ungeimpfte Beschäftigte, die eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorweisen können, einen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 3 EFZG haben.

 

2. Da ich nicht gegen COVID-19 geimpft bin, lasse ich mich regelmäßig testen. Nun war mein Test positiv, ich habe jedoch keine Symptome. Kann ich mich trotzdem krankschreiben lassen und bekomme weiterhin meinen Lohn?

Nach Hinweisen und Erläuterungen der kassenärztlichen Bundesvereinigung, darf ein Arzt bei einem Patienten der mit Corona infiziert ist, jedoch keine Symptome hat, keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen. Stellt ein Arzt dennoch trotz fehlender Symptome die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus, besteht nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln ein Entgeltfortzahlungsanspruch (s.o.).

Wenn hingegen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wird, fehlt der zu erbringende Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 EFZG), sodass kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 3 EFZG besteht. Für den Fall, dass dem Arbeitnehmer die Erbringung seiner Arbeitsleistung unmöglich ist, sieht § 326 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich einen Entfall des Lohnanspruchs vor. Ein quarantänebedingtes Fehlen am Arbeitsplatz ist ein derartiger Fall der Unmöglichkeit, und zwar auch dann, wenn die Quarantäne behördlich angeordnet wurde.

In § 56 Abs. 1 S. 1, 2 IfSG ist allerdings vorgesehen, dass u.a. Arbeitnehmer, die sich aufgrund einer behördlichen Anordnung in Quarantäne begeben müssen und dadurch einen Lohnausfall erleiden, eine „Entschädigung in Geld erhalten.

Seit Sommer 2020 gibt es jedoch Ausnahmen von diesem Entschädigungsanspruch. Nach § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG enthält ein Arbeitnehmer, der „durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können“, keine Entschädigung. Da die Ständige Impfkommission (STIKO) die Corona-Impfung seit August 2021 grundsätzlich für alle ab 12 Jahren empfiehlt und mittlerweile auch kapazitätstechnisch jeder hätte geimpft werden können, ist die Ausnahmeregelung in den meisten Fällen einschlägig.

Den meisten Arbeitnehmer steht somit keinen Entschädigungsanspruch zu.

 

3. Ich bin gegen COVID-19 geimpft und mir wurde aufgrund Kontaktes mit einer infizierten Person empfohlen in Quarantäne zu gehen. Ich selbst habe jedoch keine Symptome einer Corona-Erkrankung. Bekomme ich Lohnentschädigung während ich in Quarantäne bin?

Wie bereits geschrieben, erhalten Arbeitnehmer nach § 56 Abs. 1 S. 1, 2 IfSG grundsätzlich eine Geldentschädigung für ihren Dienstausfall. Voraussetzung ist jedoch u.a., dass die zuständige Behörde eine Anordnung zur Quarantäne ausspricht. Nur bei Vorlage dieser Anordnung erhalten Arbeitnehmer eine Geldentschädigung (s.o.). Da bei geimpften Personen die Ausnahmeregelung das § 56 Abs. 1 S. 4 Var. 1 und 2 IfSG nicht einschlägig sein kann, kann der Entschädigungsanspruch bei geimpften Arbeitnehmern nur nach § 56 Abs. 1 S. 4 Var. 3 IfSG ausgeschlossen sein. D.h. nur wenn die Quarantäne auf eine „vermeidbare Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet“ zurückzuführen ist.

Haben Sie mit dem für Sie zuständigen Gesundheitsamt telefoniert und gesagt bekommen, dass Sie in Quarantäne gehen sollen, ist es daher wichtig, dass sie eine schriftliche Anordnung verlangen, um diese dem Arbeitgeber vorlegen zu können.

Die Höhe des Entschädigungsanspruchs richtet sich nach § 56 Abs. 2- 4, 7, 8 IfSG. Gemäß § 56 Abs. 5 S. 1, 2, 4 IfSG erhalten Arbeitnehmer die Entschädigung zunächst vom Arbeitgeber (maximal für sechs Wochen) und anschließend auf Antrag von der zuständigen Behörde. Beträge die der Arbeitgeber gezahlt hat, kann sich dieser auf Antrag von der zuständigen Behörde/Bundesland erstatten lassen (§ 56 Abs. 5 S. 3 IfSG).

Des Weiteren ist es auch möglich, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber vorsorglich freigestellt wird. Tut er dies, ohne dass eine behördliche Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz vorliegt, bleibt er während der Freistellung zur Zahlung der Vergütung verpflichtet.

 

4. Ich hatte Kontakt mit einer coronainfizierten Person, weswegen ich mich nun vorsorglich selbst in Quarantäne begeben möchte. Erhalte ich trotzdem weiterhin meinen Lohn oder zumindest eine Entschädigung?

Ein Lohnanspruch besteht nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freigestellt hat.

Bezüglich des Entschädigungsanspruchs ist, wie in Frage 2 und 3 dargestellt, zwischen geimpften und ungeimpften Personen zu unterscheiden. Während die meisten ungeimpften Arbeitnehmer keinen Entschädigungsanspruch haben (vgl. § 56 Abs. 1 S. 4 Var. 2 IfSG), haben geimpfte Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen auch dann einen Entschädigungsanspruch, wenn sie sich selbst vorsorglich (d.h. ohne behördliche Anordnung) in Quarantäne begeben (vgl. § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG).

Nach § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG ist eine „vorsorglich Absonderung“ möglich, „wenn eine Anordnung einer Absonderung nach § 30 oder eines beruflichen Tätigkeitsverbots nach § 31 bereits zum Zeitpunkt der vorsorglichen Absonderung oder der vorsorglichen Nichtausübung beruflicher Tätigkeiten hätte erlassen werden können“. Das dies der Fall ist, muss der Arbeitnehmer beweisen. Durch die Vorlage eines positiven Antigen-Schnelltests sollte dieser Beweis i.d.R gelingen. Dies lässt sich insb. auf die, in den Länderverordnungen regelmäßig vorgesehene Pflicht, sich auch ohne behördliche Anordnung in Quarantäne zu begeben, stützen. Ohne einen entsprechenden Nachweis einer Corona-Infektion zum Zeitpunkt der vorsorglichen Absonderung ist es hingegen nicht zu empfehlen, sich selbst in Quarantäne zu begeben.

Wenn der Arbeitnehmer nicht vom Arbeitgeber freigestellt wurde und die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG nicht vorliegen, dann besteht weder ein Lohn- noch ein Entschädigungsanspruch, da Sie schlicht ihrer Arbeitsleistung nicht erbringen. Ohne Arbeit kein Lohn!

 

 5. Zu Beginn meines bewilligten Urlaubs habe ich wegen Coronaverdachts eine Quarantäneanordnung erhalten. Ich war nicht krank, konnte aber auch meinen Urlaub nicht antreten. Zählt die Zeit in der ich in Quarantäne war trotzdem als Urlaub?

Gemäß § 9 BUrlG werden „[…] die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.“, wenn der Arbeitnehmer während seines Urlaubs erkrankt. Eine Anrechnung unterbleibt allerdings nur dann, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachweist. Die Frage, ob eine behördliche Quarantäneanordnung einem ärztlichen Attest gleichzustellen ist, wurde vom ArbG Bonn verneint (ArbG Bonn, 07.07.2021 – Az.: 2 Ca 504/21). Auch eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG wurde mangels planwidriger Regelungslücke und vergleichbarer Interessenlage abgelehnt.

  • 9 BUrlG soll den Verlust des Urlaubsanspruchs aufgrund von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit verhindern. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit objektiv nicht ausüben kann oder objektiv nicht ausüben sollte, weil die Heilung nach ärztlicher Prognose verhindert oder verzögert würde (vgl. BAG, 09.04.2014 – Az.: 10 AZR 637/13). Bereits bei einem leichten oder symptomlosen Krankheitsverlauf ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer nicht zwangsläufig arbeitsunfähig ist. Wenn sich der Arbeitnehmer gar nicht mit Covid-19-Virus infiziert, ist gänzlich davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist. Man könnte zwar einwenden, dass zwar keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, die Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung aber dadurch unmöglich wird, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Quarantäneanordnung seine Wohnung nicht verlassen darf und somit nicht zum Arbeitsplatz kommen kann. Angesichts der hohen Anzahl von Arbeitnehmern, die im Home Office tätig sind, ist der Einwand einer generellen Unmöglichkeit nicht überzeugend. Die Interessenlagen sind daher grundsätzlich nicht vergleichbar.

Selbst wenn die Arbeit im konkreten Fall nicht im Home-Office geleistet werden kann, ist die analoge Anwendung von § 9 BurlG abzulehnen, weil keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Während der Gesetzgeber im Falle einer Arbeitsverhinderung, die nicht auf einer Arbeitsunfähigkeit beruht, eine Regelung bezüglich eines Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers getroffen hat (vgl. § 616 S. 1 BGB), hat er den Zusammenfall von einer entsprechenden Arbeitsverhinderung und Urlaub nicht geregelt. Die Vergütungsregelung zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber bewusst zwischen (krankheitsbedingter) Arbeitsunfähigkeit und anderweitiger Arbeitsverhinderung unterscheidet.

Die Zeit, die in Quarantäne verbracht wurde, gilt daher als Urlaub, sofern keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt wird.