Thema Corona Impfung für Arbeitnehmer 7 Fragen und 7 Antworten


Auch in Deutschland wird ein Impfstoff gegen Sars-Covid-2 (sog. „Corona Virus“) Ende Dezember 2020 angeboten.

Die arbeitsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich einer möglichen Impfpflicht und die Kostentragungspflicht sind bereits heute (Dezember 2020) klar.

Die Impfpflicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsrecht ist im Augenblick (Dezember 2020) ein Thema für die Medien jedoch nicht für die arbeitsrechtliche Praxis. Bei der Beurteilung der Impfpflicht ist auch zu beachten, dass Impfungen präventiven Charakter haben. Hier ist u.a. eine Interessensabwägung vorzunehmen. Die Interessensabwägung dürfte aufgrund des reinen präventiven Charakters einer Impfung und der starken Eingriffsqualität (Nadeleinstich und Injektion eines Stoffes in den Körper des Arbeitnehmers, sowie ggf. Nebenwirkungen der Impfungen, wie allergische Reaktionen etc.) regelmäßig zu Gunsten der körperlichen Unversehrtheit des Arbeitnehmers ausfallen.

Wir beantworten hier auch in Ergänzung zu dem Interview von RA Wirlitsch von Hitradio Antenne 1 vom 21.12.2020 (vgl. Beitrag oben), die zentralsten Fragen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jetzt wissen müssen.

1. Müssen Arbeitgeber die Impfungen gegen das Corona Virus ihren Arbeitnehmern (kostenfrei) anbieten?

Nein, ein Anspruch der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber kostenfrei sich impfen zu lassen, besteht nicht.

Der Arbeitgeber entscheidet grundsätzlich alleine, welche konkreten Schutzmaßnahmen er ergreifen möchte (zum Betriebs- oder Personalrat vgl. unten Frage 4).

Gleichwohl liegt es häufig auch im Interesse des Arbeitgebers, dass sich Arbeitnehmer impfen lassen, damit es zu keinen betrieblichen Beeinträchtigungen aufgrund einer Corona Infektion kommt.

Sofern der Arbeitgeber eine kostenfreie Impfung anbietet, muss der Arbeitgeber berücksichtigen, dass er alle Arbeitnehmer gleich behandelt. Er kann sein Angebot nicht nur auf wenige Arbeitnehmergruppen oder Arbeitnehmer beschränken, es sei denn es gibt nachvollziehbare und gute Gründe für eine Differenzierung.

2. Zur umgekehrten Frage:

Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zwingen, sich impfen zu lassen?

Nein, das ist zurzeit in Deutschland nicht möglich.

Eine sog. Corona-Impfung ist für den Arbeitnehmer in Deutschland nicht verpflichtend. Weiter ist ganz praktisch zu beachten, dass Arbeitgeber regelmäßig kein Interesse haben können, sich den Haftungsrisiken bei etwaigen Komplikationen einer Impfung auszusetzen.

3. Etwas genauer:

Gibt es in Deutschland eine gesetzliche Impfpflicht für eine Corona-Impfung?

Nein, es gibt keine gesetzliche Impfpflicht für eine sog. Corona-Impfung. Dies ist in keinem deutschen Gesetz vorgesehen.

Es gilt der Grundsatz der Freiwilligkeit, dies gilt auch im Hinblick auf § 23a IfSG.

Eine gesetzliche Impfpflicht gibt es nur gegen Masern. Hier hat der Gesetzgeber im Masernschutzgesetz, das im März 2020 in Kraft getreten ist, die Impfung gegen Masern zur Pflichtimpfung für bestimmte Arbeitnehmergruppen erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Impfpflicht im Eilverfahren auch am 11.05.2020 bestätigt. § 20 Abs. 8 IfSG enthält die Pflicht, dass sich alle Arbeitnehmer, die in einer Gesundheitseinrichtung, wie zum Beispiel in einem Krankenhaus oder Arztpraxis tätig sind oder in einer Gemeinschaftseinrichtung (Kitas, Kindertagespflege oder Schulen) , sich zu impfen. Ältere Arbeitnehmer, die vor dem 31.12.1970 geboren sind, sind von der Impfpflicht bezüglich Masern ausgeschlossen.

4. Etwas genauer:

Gibt es in Deutschland eine arbeitsvertragliche Impfpflicht für eine Corona-Impfung?

Nein, es gibt keine arbeitsvertragliche Impfpflicht für eine sog. Corona-Impfung.

Aufgrund des Direktionsrechts nach § 106 GewO kann keine Anordnung von Seiten des Arbeitgebers auf eine Impfung gegen das Corona Virus erfolgen.

Selbst wenn eine solche Impfpflicht im Arbeitsvertrag vereinbart wäre, was in der Praxis faktisch nicht vorkommt, wäre dies im Hinblick auf die sogenannte AGB-Kontrolle nach § 305 BGB unwirksam und letztendlich auch nicht durchsetzbar.

Mithin besteht im Ergebnis keine Pflicht für Arbeitnehmer sich gegen das Corona Virus impfen zu lassen.

5. Was können Arbeitgeber tun, damit sich die Arbeitnehmer impfen lassen?

Die Arbeitgeber können ihrer Belegschaft gleichwohl eine Impfung nahelegen und mit sogenannten Impfprämien Anreize schaffen, sich impfen zu lassen. Verweigert ein Arbeitnehmer die freiwillige Impfung wird in der Regel dies nicht als Grundlage für arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie z.B. einer Kündigung, ausreichen.

Im Einzelfall mag dies in speziellen Situationen anders bewertet werden können.

Hierbei ist insbesondere an Klinikpersonal oder Personal in Altenpflegeeinrichtungen zu denken. Sofern es für diese Arbeitnehmergruppen in diesen speziellen Einrichtungen aufgrund der Nichtimpfung und von betrieblichen Besonderheiten keine weiteren Einsatzmöglichkeiten mehr gäbe, könnte der Arbeitgeber im Einzelfall unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien auch zur Konsequenz einer personenbedingten Kündigung greifen. Dies wird in der Praxis vermutlich sehr selten auftreten.

6. Kann eine Impfpflicht im Betrieb auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung eingeführt werden?

Nein, das ist rechtlich nicht zulässig. Betriebsparteien haben bei ihren Regelungen die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu achten und zu schützen. Das folgt ausdrücklich aus dem § 75 Abs. 2 BetrVG.

Dies bedeutet, dass eine zwingende Pflicht zur Impfung auch durch eine Betriebsvereinbarung nicht möglich ist. Dieses staatliche Schutzniveau kann auch nicht mit Hilfe einer Betriebsvereinbarung unterschritten werden. Arbeitnehmer können einen grundrechtlichen Schutz (z.B. Persönlichkeitsrechte) des Grundgesetzes in Anspruch nehmen.

Allerdings können die Betriebsparteien regeln, dass Beschäftigte, welche freiwillig von ihrem Anspruch auf eine Schutzimpfung Gebrauch machen wollen, dafür bezahlt von der Arbeit freigestellt werden.

Der Arbeitgeber und der Betriebsrat haben natürlich grundsätzlich den legitimen Zweck, ihre Belegschaft vor einer Masseninfektion zu schützen und die Funktionsfähigkeit des Betriebes zu aufrecht zu erhalten. Regelmäßig kommen hier herkömmliche Maßnahmen wie das Tragen von FFP2 Masken, Abstand halten und Hände waschen in Betracht. Hierzu können Betriebs- und Dienstvereinbarungen geschlossen werden.

7. Ist es vorstellbar, dass es eine Impfpflicht für Flugreisende, Bahnreisende oder Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs geben wird?

Impfpflicht für Flugreisende?

Die australische Fluglinie Qantas plant laut Medienberichten, dass zukünftig nur noch gegen das Corona-Virus geimpfte Personen an Bord gelassen werden. „Wir wollen unsere Geschäftsbedingungen anpassen, sodass internationale Reisende eine Impfung nachweisen müssen, bevor sie das Flugzeug besteigen können“, sagte Qantas-Chef Alan Joyce dem australischen Fernsehsender Nine News. Bei Qantas handelt es sich aber um keine deutsche Fluggesellschaft.

Fluglinien nach deutschem Recht haben keine Beförderungspflicht.

Sofern deutsche Fluglinien so etwas einführen wollten, müssten sie bereits vor der Buchung in ihren Geschäftsbedingungen festlegen, dass nur noch Geimpfte befördert werden. Ob diese Geschäftsbedingungen dann rechtlich haltbar sind, bedarf einer gesonderten Prüfung. Kunden könnten unter Umständen derartige Geschäftsbedingungen rechtlich angreifen, indem sie fragen, ob die Impfpflicht angemessen ist. Die Airlines könnten ja auch für mehr Abstand in der Kabine sorgen oder nicht alle Sitzplätze verkaufen bzw. bessere Reinigungs- und Filteranlagen in die Flugzeuge einbauen.

Eine Impfpflicht für Flugreisende mit deutschen Fluggesellschaften ist im Augenblick nicht zu erwarten.

Impfpflicht für Bahnreisende oder Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs?

Für Bahnreisende und Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs besteht eine Beförderungspflicht.

Die Deutsche Bahn oder andere öffentliche Verkehrsanbieter müssen befördern, auch wenn keine Impfung vorhanden ist. Die Deutsche Bahn oder auch die öffentlichen Verkehrsanbieter gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge und man kann hier nicht ohne weiteres Menschen von der Beförderung ausschließen.